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Re: noch ein Weihnachts-Mehrteiler gefällig?

Verfasst: Di 22. Dez 2015, 13:03
von motorenbau
Hier mal ein kleines "Fazit":

In ihren Druckschriften hebt Nordberg als Vorteil die folgenden Punkte hervor:
  1. Vollkommener Massenausgleich mit Vermeidung teurer Fundamente.
  2. Gedrängte Bauart bedingt geringeren Raumbedarf, mit kleinem Grundriss und niedriger Gebäudehöhe, oder gestattet doppelte Leistung in einem vorhandenen Maschinenhaus unterzubringen.
  3. Kurze und steife Kurbelwelle mit zwei Hauptlagern.
  4. Alle Lager sind leicht ersetzbar. Keine geteilten Lager.
  5. Reibungsverluste sind stark verringert, daher hoher mechanischer Wirkungsgrad.
  6. Alle Zylinderköpfe, Kolben, Zylinder, Lager, Pleuel sind auswechselbar, daher keine Ersatzteil-Lagerhaltung.
  7. Vom Maschinenhausflur aus kann man leicht zu den Kolben gelangen ohne Hebezeuge oder andere Hilfsmittel.
  8. Geringe Kosten für Einbau, Bedienung und Unterhalt.
  9. Verwendbarkeit für Dieselöl oder Gas, je nach wirtschaftlicher Lage.
Im Nachhinein kann man diesen Argumenten nur noch bedingt zustimmen:
  • zu 1.) Mit 12-Zylinder V-Motoren erreicht man denselben vollkommenen Massenausgleich, also kein direkter Vorteil.
  • zu 2.) Auch der Raumbedarf ist dann ähnlich. Die geringe Gebäudehöhe wird durch den tiefen Keller für die Generatoren und Nebenaggregate relativiert, also auch kein direkter Vorteil.
  • zu 3.) Dies bedeutet aber auch eine enorme Belastung für den Kurbelzapfen, der einen Schwachpunkt der Konstruktion darstellt. Also in diesem Fall eher ein Nachteil.
  • zu 4.) Besonders das Kontrollieren Ersetzen von Pleuelzapfenlager und unterem Kurbelwellenlager erforderten eine Totalzerlegung der Motoren. Die Betreiber der Motoren gingen deshalb dazu über, die Lager und auch die Kurbelwelle nicht mehr auf Schäden zu untersuchen, sondern die Motoren bis zum Defekt weiterlaufenzulassen. In der Regel war das dann ein Kurbelwellenbruch an der unteren Kurbelwange. Die Reparatur solch eines Schadens kostete Ende der 60er Jahre ca. 15 000 $, die Totalzerlegung zur Inspektion der Kurbelwelle und der Lager aber bereits 5 000 $. Daher rechnete sich diese Vorgehensweise wirtschaftlich. Das war wohl der größte Nachteil dieser Motoren.
  • zu 5.) …kann man wohl so gelten lassen.
  • zu 6.) gilt für Reihen- oder V-Motoren genauso, also kein direkter Vorteil.
  • zu 7.) Ein Ausbau der Kolben nach oben mit dem Kran ist eigentlich einfacher, als ihn waagerecht herauszuziehen.
  • zu 8.) Zur Bewertung müsste man Zahlen vorliegen haben. Das Gleichlaufgetriebe war aber vermutlich recht teuer in der Fertigung.
  • zu 9.) Das kann jeder andere Zündstrahl-Motor auch.
Wegen all diesen Gründen baute wohl sonst kein anderer Hersteller stationäre Sternmotoren. Dennoch stellen sie ein interessantes Kapitel in der Motorenbau-Geschichte dar. Man muss den Motoren auch zugutehalten, dass sie in den meisten Fällen im Dauerbetrieb liefen und fleißig Stunden sammelten. Bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren kamen so gut 200 000 Betriebsstunden zusammen. Als Nordberg Mitte der 70er Jahre die Ersatzteilfertigung einstellte, war das Ende der Sternmotoren im aktiven Betriebsdienst besiegelt. Der Abriss der Anlage in Point Comfort 1980 sorgte zwar noch einmal für reichlich gebrauchte Ersatzteile, bis Ende der 90er Jahre waren aber praktisch alle verfügbaren Ersatzteile aufgebraucht.

Re: noch ein Weihnachts-Mehrteiler gefällig?

Verfasst: Di 17. Dez 2024, 07:52
von motorenbau
Hallo

Der Motor in Iowa lebt noch...

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=u5p7GIJ9fz0[/youtube]

Gruß Christian