Noch ein Nachsatz:
Von: Burgfried Mitura [mailto:
b.mitura@t-online.de]
Gesendet: Dienstag, 26. Juli 2011 15:13
An: Sigurd Hohmann
Betreff: Säure?
Hallo Sigurd, Ewald sagte mir mal, dass man mit Zitronensäure Rost ablösen könne. Dazu Fragen:
- Greift die nur Rost an?
- muss ich unrostige Flächen vor der Säure schützen?
- löst die auch Kesselstein auf?
- kann ich die Chloridverbindungen, die sich in dem Belag befinden sollen, irgendwie knacken?
Ich gebe heute den "Stein" in die Post.
Gruß, Burgfried
Hallo Burgfried,
Deine Fragen will ich, so gut es mit meinem Chemie-theortischen Wissen geht, beantworten, denn die Praxis der Natur ist zumeist um Groessenordnungen komplizierter als ein paar nackte chemische Formeln.Da bewaehrt sich immer widere das alte Sprichwort: Versuch mach kluch… Dennoch ist es richtig, erst zu denken (was man zu tun beabsichtigt) und dann erst zu handeln.
Zitronensäure wirkt einmal auf Rost, indem die dort vorhandenen Eisen-Ionen komplexiert und dadurch wasserloeslich gemacht werde, andererseits auch auf blankes Metall (hier wirkt es als Saeure). Die Wirkung auf Eisen wird aber als unbedeutend beschrieben. Damit haetten wir bereits zwei Fragen beantwortet, aber ich will noch etwas dazu sagen: Fuer das Loesen von dickeren Rostschichten geht die Behandlungszeit sehr rasch gegen unendlich, weil Rost ja bekanntlich in Wasser sehr schwer loeslich ist und die Saeure kann nur das Bisschen komplexieren, was sich aufgrund des Loesungsgleichgewichts nach und nach aus dem Rost in Loesung geht. Fazit: Du kannst erwarten dass duenne Rostschichten aufgeloest werden, aber nicht dicke Schwarten. ABER: Der Saeureangriff auf das Grundmetall hat auch seine guten Seiten: Dadurch verliert der Rost seinen Kontakt zum Metall und kann leichter mechanisch entfernt werden. Und das ist ja auch schon etwas!
Der Zitronensaeure wird auch nachgesagt, dass sie Kesselstein aufloest. Aber hier gilt das fuer den Rost Gesagte ebenfalls: Duennere Schichten ja, dicke Schwarten nein. Ich kann mich noch gut an die Wassertoepfe bei meiner Mutter in Wuerzburg erinnern. Das Wasser dort haelt den Weltrekord, ich glaube das waren 42 Haeertegrade. Wir haben den Kesselstein aus diesen Toepfen immer mechanisch entfernt, nie chemisch. Da haetten wir viel zu tun gehabt…
Meiner Meinung nach sind nahezu alle Chloride, mit denen ich bei der Seewasserkorrosion rechne, einigermassen gut wasserloeslich. Ich weiss jetzt aber auf den Kopf zu gefragt nicht, ob sich da nicht irgendwelche Mischtypen bilden, die schwererloeslich sind. Und wenn die ausfallen, dann fallen sie halt aus, weil sie schwerloeslich sind. Also kriegst Du die auch nur mit viel Geduld und Spucke, sprich viel Spuelwasser aus dem Niederschlag raus. Das ist sicher sogar aehnlich bei wasserloeslichen Chloriden. Wenn die sich im Niederschlag befinden, kriegst Du die auch nur langsam herausgeloest. In der Galvanik kennt man sicher eine Reihe Tricks, was man da machen koennte. Einen alten Galvaniseurmeister muesste man da anzapfen. Ausserdem faellt mir ein: Ich hab ja noch ein paar alte Praktikerbuecher ueber alte Metalltechniken. Die sind z. T. von Anfang 20. Jahrhundert. Die haben auch viel Empirie angewendet, ohne verstanden zu haben, was sie eigentlich da tun. Da werde ich mal meine Nase reinstecken, ob die was hergeben.
Kurz und knackig: Ich wuerde das Wagnis eingehen, aber wie der Stetch oder Stretch am Anfang des 2. Teils schreibt: Protokoll fuehren und genau beobachten, am Anfang in ganz kurzen Zeitabstaenden und danach je nach Bedarf strecken. Und protokollieren, was man beobachtet und tut!!!
Das war’s was ich „auf die Schnelle“ zu Deinen Fragen sagen kann. (…da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor… (Goethe, Dr. Faustus))
Gruss Sigurd