Oberfläche/Anstrich/Farbe Der dritte Weg
Verfasst: Fr 2. Jul 2021, 00:17
Die originale Oberfläche unserer historischen Motoren zu erhalten ist natürlich die Beste Lösung. Dieses gelingt nicht immer und so gibt es in unseren Reihen auch Motoren mit einem neuen Kunstharzlackanstrich. Es ist sehr gut, dass Einigkeit darüber besteht, beides nebeneinander zu tolerieren.
Der dritte Weg wäre eine Beschichtung aufzubringen, wie es zu damaligen Zeiten üblich war.
Nachdem ich mich eine ganze Weile mit diesem Thema befasst habe, möchte ich einige Erkenntnisse dazu berichten.
Was ist Farbe? Es ist ein Farbpulver (Pigment) und irgendetwas zum Festkleben dieses Pulvers (Binder). Wenn ich also zwei Ziegelsteine aneinander reibe, bekomme ich ein lichtechtes, ziegelrotes Pigment. Wenn ich Tapetenkleister als Binder nehme, kann ich damit das Pulver auf einer Oberfläche festkleben, in diesem Fall nicht wasserfest. Als Binder hat man z.B. Öl aus Leinsaat gepresst und hat mit diesem Öl (es hat die Eigenschaft zu trocknen) und Pigmenten seit Jahrhunderten Dinge angestrichen (in feinster Ausführung Ölgemälde) – also Ölfarbe. Als Binder hat man auch Harze verwendet (Naturharze). Diese Harze sind wie Bernstein früher zähflüssig gewesen und über die Jahrtausende hart geworden. Als die Kolonialzeit begann (oder schon früher?), hat man z.B. im Kongo für die Farbherstellung sehr brauchbare Harze gefunden und hat damit Öllacke hergestellt. Das war wohl der modernste Schrei, seinerzeit der beste Anstrich und somit sind viele Maschinen damit angestrichen worden. Obwohl Spritzpistolen schon bekannt waren, sind die Maschinen mit dem Pinsel gestrichen worden. Die Maler gingen bis etwa Mitte 20. Jhdt. in die Werkstätten der Schlosser, Tischler etc. und strichen dort die Teile an, da war es nicht angesagt, die Teile zu spritzen, denn der Tischler z.B. jammerte, der Maler hätte seine guten Böcke mit Farbe vollgeplürrt. Die Maschinenfabriken hatte wohl ihre eigenen Maler, welche in den Produktionshallen die Teile angestrichen haben. (Spritznebel wäre undenkbar gewesen) Maler in einer Maschinenfabrik um 1910/1920.
Die Naturharzzeit ging zu Ende, als man künstliche Harze herstellen konnte (Kunstharz).
Ich restauriere seit längerer Zeit zwei DEUTZ-Motoren, der ehemals schwarze MKH (1928) wurde von den Vorvorbesitzern mit seltsamer Farbe schweinchenrosa über alles gestrichen, der ehemals braune MIH (1934) vom Vorbesitzer schwarz über den Rost gestrichen. Bei beiden Motoren waren unter dem Typenschild Pinselspuren zu sehen.
Meine Malerbibel ist von 1930.
Es gibt zwei Arten des historischen Farbaufbaues. Da man bei Gussteilen noch nicht so saubere, glatte Oberflächen herstellen konnte, wurden diese Teile (Nicht unbedingt alle, aber die wichtigen Teile/Schauseiten) gespachtelt. Zwischenschritt einer Spachtelung - mit einem Pinsel aufgetragen.
Alle anderen Teile bekamen einen Anstrich ohne Spachtelung. Ich konnte bei Beginn meiner Arbeiten einen Copallack bei einer Farbmühle kaufen, damit habe ich dann alle Grundierungen, Spachtelmassen und Endbeschichtungen hergestellt. Zwischendurch sagte ich zu mir, warum wählst du so einen aufwändigen Weg. Das Trocknen dauert doch bestimmt Wochen und schleifen wird auch eine Katastrophe. Doch eine jeweilige Spachtel- bzw. Farbschicht trocknete innerhalb weniger Tage, ließ sich wunderbar schleifen (ohne die blöden Lackläuse auf dem Schleifpapier) und war ein wunderbares Erlebnis. Staubkrümel, welche sich auf den frischen Anstrich legten, klebten nicht fest und hinterließen auch keine Markierungen (malerfreundlich). Diese gestrichene Oberfläche fühlt sich seidig an, ein Gefühl, welches ich von keinem anderen Lack kenne. Vor einiger Zeit benötigte ich noch Copallack, die Farbmühle konnte jedoch keinen mehr liefern. Die Internetrecherche ergab weltweit keine Liefermöglichkeit. Selbst in einem Forum für Saiteninstrumente in Canada wurde darüber geklagt, dass besagte Farbmühle aus Deutschland keinen Copallack mehr liefert. Was tun? Ich habe dann versucht, Copale aus dem Kongo zu bekommen, war bisher schwierig und nur in teuren Kleinstmengen zu bekommen. Andere Copale haben nicht gleichwertige Eigenschaften. Copale sind schwierig zu verlacken. Für meine kleinen Restarbeiten habe ich nun jedoch wohl eine Herstellmöglichkeit gefunden und werde demnächst testen, ob es ebenbürtig aussieht. (Wenn jemand noch aus einem uralten Malergeschäft echte Kongo-Copale hat, bitte ich um Nachricht!) Eins ist klar: Solch ein „Originallack“ wird (wie die historischen Lacke) irgendwann Risse bekommen und eventuell werden auch kleine Spachtelpartien ausbrechen – eben wie wir es von den alten Oberflächen kennen.
Lackküche, etwa 1932
Der dritte Weg wäre eine Beschichtung aufzubringen, wie es zu damaligen Zeiten üblich war.
Nachdem ich mich eine ganze Weile mit diesem Thema befasst habe, möchte ich einige Erkenntnisse dazu berichten.
Was ist Farbe? Es ist ein Farbpulver (Pigment) und irgendetwas zum Festkleben dieses Pulvers (Binder). Wenn ich also zwei Ziegelsteine aneinander reibe, bekomme ich ein lichtechtes, ziegelrotes Pigment. Wenn ich Tapetenkleister als Binder nehme, kann ich damit das Pulver auf einer Oberfläche festkleben, in diesem Fall nicht wasserfest. Als Binder hat man z.B. Öl aus Leinsaat gepresst und hat mit diesem Öl (es hat die Eigenschaft zu trocknen) und Pigmenten seit Jahrhunderten Dinge angestrichen (in feinster Ausführung Ölgemälde) – also Ölfarbe. Als Binder hat man auch Harze verwendet (Naturharze). Diese Harze sind wie Bernstein früher zähflüssig gewesen und über die Jahrtausende hart geworden. Als die Kolonialzeit begann (oder schon früher?), hat man z.B. im Kongo für die Farbherstellung sehr brauchbare Harze gefunden und hat damit Öllacke hergestellt. Das war wohl der modernste Schrei, seinerzeit der beste Anstrich und somit sind viele Maschinen damit angestrichen worden. Obwohl Spritzpistolen schon bekannt waren, sind die Maschinen mit dem Pinsel gestrichen worden. Die Maler gingen bis etwa Mitte 20. Jhdt. in die Werkstätten der Schlosser, Tischler etc. und strichen dort die Teile an, da war es nicht angesagt, die Teile zu spritzen, denn der Tischler z.B. jammerte, der Maler hätte seine guten Böcke mit Farbe vollgeplürrt. Die Maschinenfabriken hatte wohl ihre eigenen Maler, welche in den Produktionshallen die Teile angestrichen haben. (Spritznebel wäre undenkbar gewesen) Maler in einer Maschinenfabrik um 1910/1920.
Die Naturharzzeit ging zu Ende, als man künstliche Harze herstellen konnte (Kunstharz).
Ich restauriere seit längerer Zeit zwei DEUTZ-Motoren, der ehemals schwarze MKH (1928) wurde von den Vorvorbesitzern mit seltsamer Farbe schweinchenrosa über alles gestrichen, der ehemals braune MIH (1934) vom Vorbesitzer schwarz über den Rost gestrichen. Bei beiden Motoren waren unter dem Typenschild Pinselspuren zu sehen.
Meine Malerbibel ist von 1930.
Es gibt zwei Arten des historischen Farbaufbaues. Da man bei Gussteilen noch nicht so saubere, glatte Oberflächen herstellen konnte, wurden diese Teile (Nicht unbedingt alle, aber die wichtigen Teile/Schauseiten) gespachtelt. Zwischenschritt einer Spachtelung - mit einem Pinsel aufgetragen.
Alle anderen Teile bekamen einen Anstrich ohne Spachtelung. Ich konnte bei Beginn meiner Arbeiten einen Copallack bei einer Farbmühle kaufen, damit habe ich dann alle Grundierungen, Spachtelmassen und Endbeschichtungen hergestellt. Zwischendurch sagte ich zu mir, warum wählst du so einen aufwändigen Weg. Das Trocknen dauert doch bestimmt Wochen und schleifen wird auch eine Katastrophe. Doch eine jeweilige Spachtel- bzw. Farbschicht trocknete innerhalb weniger Tage, ließ sich wunderbar schleifen (ohne die blöden Lackläuse auf dem Schleifpapier) und war ein wunderbares Erlebnis. Staubkrümel, welche sich auf den frischen Anstrich legten, klebten nicht fest und hinterließen auch keine Markierungen (malerfreundlich). Diese gestrichene Oberfläche fühlt sich seidig an, ein Gefühl, welches ich von keinem anderen Lack kenne. Vor einiger Zeit benötigte ich noch Copallack, die Farbmühle konnte jedoch keinen mehr liefern. Die Internetrecherche ergab weltweit keine Liefermöglichkeit. Selbst in einem Forum für Saiteninstrumente in Canada wurde darüber geklagt, dass besagte Farbmühle aus Deutschland keinen Copallack mehr liefert. Was tun? Ich habe dann versucht, Copale aus dem Kongo zu bekommen, war bisher schwierig und nur in teuren Kleinstmengen zu bekommen. Andere Copale haben nicht gleichwertige Eigenschaften. Copale sind schwierig zu verlacken. Für meine kleinen Restarbeiten habe ich nun jedoch wohl eine Herstellmöglichkeit gefunden und werde demnächst testen, ob es ebenbürtig aussieht. (Wenn jemand noch aus einem uralten Malergeschäft echte Kongo-Copale hat, bitte ich um Nachricht!) Eins ist klar: Solch ein „Originallack“ wird (wie die historischen Lacke) irgendwann Risse bekommen und eventuell werden auch kleine Spachtelpartien ausbrechen – eben wie wir es von den alten Oberflächen kennen.
Lackküche, etwa 1932